Mandschu

Mandschu
Mạn|dschu auch: Mạnd|schu
I 〈m. 6 oder m.; -, -〉 Angehöriger eines Volkes in Nordostchina, der ehem. Mandschurei, Mandschure
II 〈n.; - od. -s; unz.〉 Sprache der Mandschu

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Mạndschu,
 
Mạnchu, Mandschuren, Volk aus der Sprachgruppe der Tungusen, rd. 9,8 Mio. Angehörige, davon leben über 70 % in ihrem Kernland, der Provinz Liaoning in Nordostchina. Die Übrigen sind über ganz China verstreut, v. a. in den Provinzen und autonomen Gebieten Heilongjiang, Jilin, Hebei, Innere Mongolei, Ningxia Hui, Gansu, Sinkiang, und Shandong sowie in den Städten Peking, Chengdu, Xi'an und Guangzhou. Die Sozialordnung war früher der vaterrechtlich ausgerichtete Klan. Ausgeprägter Ahnenkult (Ahnentempel, Hausaltäre) und Schamanismus bestimmten die geistige Vorstellungswelt. Die Mandschu in der Mandschurei wurden erst seit dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts stark sinisiert, die im übrigen China bereits seit dem 18. Jahrhundert. Die den Mandschu nahe verwandten Xibe (Sibe) in der Mandschurei, v. a. aber eine in das Ili-Gebiet der Provinz Sinkiang verpflanzte Gruppe, haben ihr Volkstum besonders bewahrt (rd. 175 000).
 
Die Mandschu, tungusischer Herkunft, Nachfahren der Dschurdschen, traten als Nation erst unter Nurhachi (* 1559, ✝ 1626) in Erscheinung; dieser einigte die Stämme, verlieh ihnen ihre militärische Bannerverfassung (Organisation der »Acht Banner«), nahm 1616 den Titel Khan an und errichtete das Reich der »Späteren Jin« (Hauptstadt seit 1621 Liaoyang). Sein Sohn Abahai (* 1592, ✝ 1643) proklamierte 1636 die Dynastie Qing (eigentlich Da Qing »Große Reine«), die 1644 bis 1911/12 in China herrschte (China, Geschichte).
 
Die Sprache der Mandschu gehört zum tungusischen Zweig der altaischen Sprachen. Sie ist durch Agglutination und Vokalharmonie gekennzeichnet, war während der Qing-Dynastie in China offizielle Hofsprache mit eigener Schrift und wird heute nur noch in einzelnen Gebieten, v. a. in Sinkiang und Heilongjiang, von rd. 20 000 Menschen gesprochen. Die Mandschuschrift wurde 1599 durch Nurhachi eingeführt. Sie besteht aus Elementen des alten uigurischen und mongolischen Alphabets und wurde in senkrechten Zeilen von links nach rechts laufend geschrieben. - Die Literatur umfasst neben Verwaltungsakten und volkstümlichen Werken v. a. Übersetzungen aus dem Chinesischen.
 
 
J. Klapproth: Chrestomathie mandchou, ou recueil de textes mandchou (Paris 1828, Nachdr. Osnabrück 1985);
 C. de Harlez: Manuel de la langue Mandchou (Paris 1884, Nachdr. Osnabrück 1985);
 E. Hauer: Hwb. der M.-Sprache, 3 Bde. (1952-55);
 W. Fuchs: Die mandschur. Lit., in: Hb. der Orientalistik, hg. v. B. Spuler, Abt. 1, Bd. 5,3: Tungusologie (Leiden 1968);
 E. Haenisch: M.-Gramm. (Leipzig 21986);
 
Miszellen zur mandschur. Sprache, Lit. u. Gesch. im 17. u. 20. Jh., hg. v. M. Weiers u. a. (1987);
 
Histor. u. bibliograph. Studien zur M.-Forschung, hg. v. M. Grimm u. a. (1992).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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